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Juli 2022 / BLOG

USA: Ukraine-Konflikt löst energiepolitisches Umdenken aus

US-Erdgas könnte politische Stützung erhalten

Der russische Einmarsch in die Ukraine hat klar vor Augen geführt, wie verwundbar die europäischen Länder wegen ihrer starken Abhängigkeit von Energielieferungen aus Russland sind. Der militärische Konflikt hat zudem in den USA ein energiepolitisches Umdenken ausgelöst, da die Regierung unter Joe Biden heimisches Erdgas offenbar stärker unterstützen will.

Das Weiße Haus wird zudem möglicherweise bald Maßnahmen ergreifen, um die Folgen der hohen Ölpreise abzufedern. Dennoch glauben wir, dass die politischen Rahmenbedingungen für US-Ölproduzenten auf mittlere Sicht schwierig bleiben.

Unseres Erachtens bedeutet der pragmatische Kurswechsel in der US-Energiepolitik nicht, dass das Weiße Haus von seinem Engagement für den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen abrückt. Die jüngsten Gesetzes- und Regulierungsinitiativen lassen vielmehr erkennen, dass Joe Biden nach wie vor ressortübergreifend handeln will, um die langfristig angestrebte Dekarbonisierung der US-Wirtschaft voranzutreiben. 

Erdgas und europäische Energiesicherheit

In der Vergangenheit stammten mehr als 35 % des Erdgases, das die Europäische Union jährlich importiert, aus Russland (Abbildung 1). 

Die Europäische Union ist erheblich von russischer Energie abhängig

Abb. 1: Anteil der russischen Erdgasimporte in die EU (in Prozent) 

Die Europäische Union ist erheblich von russischer Energie abhängig

Stand: 31. Dezember 2020. 

Quelle: Eurostat. Datenanalysen von T. Rowe Price. 

Während Kohle und Erdöl relativ problemlos um die Welt verschifft werden können, lässt sich russisches Erdgas wegen logistischer Hürden nicht ohne weiteres ersetzen. Denn dafür müsste Europa zunächst den Zugang zu Flüssigerdgas (LNG) erheblich ausbauen. Die LNG-Wertschöpfungskette funktioniert wie folgt: 

  1. Verflüssigungsanlagen kühlen das Erdgas auf rund -161°C ab, wobei das Gas in flüssiger Form kondensiert.
  2. Das verflüssigte Gas wird dann in Spezialschiffen nach Übersee transportiert.
  3. Regasifizierungsanlagen sorgen dafür, dass LNG wieder in seinen gasförmigen Zustand umgewandelt und in das Pipelinenetz zur Verteilung eingespeist werden kann. 

Um die LNG-Kapazitäten zu steigern, wären beträchtliche Ausgaben sowohl bei den Lieferanten als auch bei den Abnehmern erforderlich. Typischerweise dauert der Abschluss von LNG-Projekten mehrere Jahre. Daher sind langfristige Abnahmeverträge unerlässlich, um die Finanzierung zu sichern. Zudem müsste das europäische Pipelinesystem grundlegend umgerüstet werden, um die höheren Mengen in die Bedarfsgebiete zu verteilen. 

Potenzielle politische Stützung für US-Erdgas

Die politische Unterstützung auf beiden Seiten des Atlantiks könnte wichtige LNG-Projekte vorantreiben. Die Europäische Kommission erklärte, sie wolle eine stabile Nachfrage nach zusätzlichem LNG aus den USA sicherstellen bis 2030 sicherstellen. Die USA, die über reiche Schiefergasvorkommen verfügen, erklärten sich ihrerseits bereit, mit einer entsprechenden Regulierung Projekte zur Ausweitung der LNG-Exportkapazitäten zu unterstützen.

Wie könnte das regulatorische Umfeld für Erdgas verbessert werden?

Das Weiße Haus hat verschiedene Instrumente, um die Regulierungsbehörden dazu zu bewegen, die Genehmigung von Exportlizenzen und Baugenehmigungen für LNG-Terminals zu beschleunigen. Solche Schritte könnten den Exporteuren bei der Sicherung der Finanzierung und dem Abschluss langfristiger Verträge mit den Abnehmern helfen. Die Aussicht auf einen günstigen Rechtsrahmen und die erhebliche Spanne zwischen den Erdgaspreisen an der US-Golfküste und jenen in Europa und Asien führte in den letzten vier Monaten bereits eine ganze Flut an langfristigen Abnahmeverträgen für noch zu bauende LNG-Exportkapazitäten.

Neue Vereinbarungen über LNG-Exportkapazitäten dürften den US-Energieerzeugern die nötige Sicherheit verschaffen, um ihre Produktion nach und nach zu steigern. Zudem könnten einige Unternehmen, die Gaspipelines und Verarbeitungsinfrastrukturen besitzen, von der höheren Planungssicherheit profitieren. 

Die politische Unterstützung auf beiden Seiten des Atlantiks könnte wichtige LNG-Projekte vorantreiben.

Dennoch glauben wir, dass der US-Präsident den Fokus weiterhin auf die Reduzierung der CO2-Emissionen legt – mit einem Schwerpunkt auf der Verringerung von Erdgasemissionen aus Bohrlöchern und Pipelines. Auch wenn bei der Verbrennung von Erdgas weniger Kohlendioxid entsteht als bei Kohle, handelt es sich doch um ein starkes Treibhausgas, wenn es direkt in die Atmosphäre gelangt. Daher dürften die Methanleckraten bei der Erdgasförderung zu den wichtigsten Punkten gehören, auf die die Regulierungsbehörden ein Auge werfen. 

Die Realität an der Zapfsäule

Da die hohen Ölpreise in den USA für die Menschen an den Zapfsäulen immer schmerzhafter werden, je näher die Sommerfahrsaison rückt, dürfte die Biden-Regierung schon bald Maßnahmen ergreifen, um auf diesen Druck zu reagieren. 

Dabei kann sie beispielsweise für eine schnellere Genehmigung von Bohrlöchern sorgen, um die Ölproduktion kurzfristig anzukurbeln, und/oder den Anstieg der Benzinpreise kurzfristig durch politische Maßnahmen abfedern. 

Dennoch glauben wir, dass die mittelfristigen politischen Rahmenbedingungen für die US-Ölproduktion schwierig bleiben.

Verpflichtung zur Energiewende

Auch wenn das Weiße Haus unter Joe Biden LNG-Exporte aus den USA stärker unterstützen will, hält die Regierung doch an den Initiativen fest, um das langfristige Ziel einer deutlichen Reduzierung der CO2-Emissionen voranzutreiben.

So ist zu erwarten, dass die US-Börsenaufsicht (SEC) strengere Anforderungen an die Offenlegung von Klimadaten börsennotierter Unternehmen vorantreiben wird. Zudem hat die Umweltschutzbehörde (EPA) kürzlich die Emissionsstandards für Autos der Modelljahre 2024 und 2025 verschärft. 

Ein weiterer Schwerpunkt der Regierung liegt auf der Förderung erneuerbarer Energien. 

Das im letzten Herbst parteiübergreifend verabschiedete 1,2 Billionen Dollar schwere Infrastrukturgesetz stellt 73 Milliarden US-Dollar für die Modernisierung des nationalen Stromnetzes bereit. Dies dürfte die Energiewende in den USA erheblich voranbringen, da diese Projekte dazu beitragen können, dass das System einen höheren Anteil an fluktuierender Wind- und Solarenergie aufnehmen kann. 

Zudem drängt das Weiße Haus weiterhin auf die Verabschiedung des Build Back Better Act, der unter anderem Steuervergünstigungen für saubere Energieprojekte und Elektrofahrzeuge verlängern bzw. ausweiten sowie neue steuerliche Förderungen für neue Technologien schaffen würde, die den Übergang weg von fossilen Brennstoffen beschleunigen könnten. 

Selbst wenn dieses Gesetz scheitern sollte, ist eine Verlängerung der steuerlichen Förderung von Wind- und Solarenergie im weiteren Jahresverlauf denkbar, da diese bislang von beiden Parteien unterstützt wurde. 

Wir sehen in der Energiewende einen langfristig anhaltenden Trend, der durch die Biden-Regierung weiter vorangetrieben werden dürfte.

Wir sehen in der Energiewende einen langfristig anhaltenden Trend, der durch die Biden-Regierung weiter vorangetrieben werden dürfte.

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