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Februar 2021 / INVESTMENT INSIGHTS

Welche Herausforderungen und Chancen gibt es bei Anlagen in den Schwellenländern

Wie können Anleger die Chancen eines so breiten und vielfältigen Anlageuniversums am besten nutzen?

Politische und kulturelle Unterschiede können es zu einem schwierigen Unterfangen werden lassen, an den Börsen der Schwellenländer klug zu investieren. Citywire hat mehrere Emerging-Markets-Experten zu einer Diskussionsrunde eingeladen, um mit ihnen die wichtigsten Themen zu beleuchten.

  • Yoram Lustig, Head of Multi-Asset Solutions für Europa, den Nahen Osten, Afrika und Lateinamerika bei T. Rowe Price
  • Roman Mayer, Global Head of Fund Advisory bei UBP
  • Bart van de Ven, Berater und Fondsselektor bei Accuro Wealth Advisors
  • Ulrich Voss, Head of Capital Markets bei Tresono Family Office

Wenig deutet auf ein baldiges Ende der Coronavirus-Pandemie hin, und das Börsenklima ist vor diesem Hintergrund so schwierig wie selten zuvor. Dennoch war in letzter Zeit zu beobachten, dass viele Anleger an die Schwellenmärkte zurückkehren, nachdem sie sich früher im Jahr panikartig von dort zurückgezogen hatten.

Die Rating-Agentur Moody's meldete für das dritte Quartal 2020 einen starken Anstieg des Emissionsvolumens bei Hartwährungsanleihen. Offenbar zeigten viele Anleger wegen der höheren Renditen Interesse an Schwellenländeranleihen. Einige Geldverwalter haben begonnen, in ihren Portfolios die klassischen Allokationen in US-Aktien zu verringern, da die Aktienmärkte der Schwellenländer auf dem derzeitigen Niveau attraktiver erscheinen.

„Aus unserer Sicht sind amerikanische Aktien relativ hoch bewertet“, sagt Roman Mayer, der bei UBP in Zürich die Fondsanlagen von Privatkunden beaufsichtigt. „Uns erscheint die Breite des Markts sehr gering. Eine kleine Zahl von Titeln treibt die Indizes, und Enttäuschung dürfte vorprogrammiert sein. Ein Teil der Allokation in US-Aktien kann deshalb umgeschichtet werden, und zwar in einen bei uns unterrepräsentierten Bereich: Chinas inländischen Aktienmarkt. Wenn China seine Wirtschaft stärker mit Krediten versorgt, erleben wir normalerweise bei den zukünftigen Renditen einen deutlichen Trend nach oben.“

Innerhalb der Schwellenländer richtet sich die Aufmerksamkeit der meisten Fonds weit überwiegend auf Asien und insbesondere China. Wie Mayer und die anderen Teilnehmer der Diskussionsrunde hervorheben, sind Länder wie China und Südkorea eigentlich gar keine „Emerging Markets“ mehr, wenn man ihre globale Dominanz in Sektoren wie Technologie und Fintech bedenkt. Im Index selbst ist allerdings noch viel Luft.

„Im Moment beträgt Chinas Anteil am (MSCI AC World) Index nur 5%“, so Mayer. „Wir glauben, dass dieser Anteil weiter wachsen wird, da Sektoren wie Technologie und besonders die auf den Inlandsmarkt ausgerichteten Unternehmen florieren. Man denke auch nur daran, welche Fortschritt China beim Zugang zu den Kapitalmärkten gemacht hat und wie schnell sich die Chinesen bei der Einführung von Stock Connect an internationale Regelungen angepasst haben.“

Nach Ansicht von Ulrich Voss, Head of Capital Markets bei Tresono Family Office in Köln, hat Asien unter den aufstrebenden Regionen seit langem das größte Potenzial. „Wir haben immer zuerst auf Asien als Region mit der größten Bevölkerungsdichte und der dynamischsten Entwicklung geblickt“, erläutert er.

Voss hebt Vietnam als besonders vielversprechendes Land mit unerschlossenem Potenzial hervor – die vietnamesische Bevölkerung ist vergleichsweise groß und jung, mit einem Durchschnittsalter von nur 25 Jahren. Es überrascht indessen nicht, dass China bei Anlegern weiterhin die größte Beachtung erfährt. Aufgrund der Bedeutung des chinesischen Markts haben zahlreiche Vermögensverwalter viel Zeit und Geld investiert, um dort nach neuen Gelegenheiten zu fahnden. So hat T. Rowe Price kürzlich seine Aufmerksamkeit verstärkt auf den chinesischen A-Aktienmarkt gerichtet, als dieser geöffnet wurde.

„Wir haben viele Analysten vor Ort“, sagt Yoram Lustig, der das Multi-Asset Solutions Team von T. Rowe Price für Europa, den Nahen Osten, Afrika und Lateinamerika leitet. „Die Präsenz vor Ort ist zurzeit eine etwas größere Herausforderung, weil es schwieriger ist zu fliegen. Unsere Philosophie basiert aber klar auf Fundamentalanalysen. Da China für sich genommen schon so ein wichtiger Markt geworden ist, wählen wir einen differenzierten Ansatz, der nicht nur die ganz großen Börsenwerte in den Blick nimmt, also die in anderen China-Portfolios oft anzutreffenden ‚Mega-Caps‘, sondern der auch flexibel in chinesische Onshore- ebenso wie Offshore-Titel investiert.“

In China findet man heute viel mehr Qualität als noch vor fünf Jahren, aber es ist immer noch eine andere Welt mit eigenen Spielregeln.

- Bart van de Ven

Nicht immer ist absolut klar, wie sich Chancen auf dem chinesischen Markt nutzen lassen. In den letzten Jahren hat es in der Hinsicht zwar Fortschritte gegeben, doch der Markt ist immer noch relativ intransparent. Darin liegt auch der Grund, warum viele Fonds China-Spezialisten damit beauftragen, die chinesische Komponente des Portfolios zu managen. „In China findet man heute wesentlich mehr Qualität als noch vor drei oder fünf Jahren“, sagt Bart van de Ven, Berater und Fondsselektor bei Accuro Wealth Advice im belgischen Antwerpen. „Aber es ist immer noch eine andere Welt mit eigenen Spielregeln.“

Mit Anlagen in Aktien und Anleihen aus Schwellenländern sind auch bestimmte Risiken verbunden. Lustig verweist darauf, dass einer der größten Nachteile von Investments in chinesischen Aktien zurzeit die Unsicherheit im Zusammenhang mit den Spannungen zwischen den USA und China sei. „Ich denke, das geht über einen reinen Handelskonflikt hinaus“, sagt er. „Wir haben es mit einem Wettlauf um die globale Vorherrschaft zu tun. Manche sprechen von einem zweiten Kalten Krieg, der Auswirkungen auf die weltweit operierenden chinesischen Unternehmen haben werde, da sich jedes Land für eine Seite entscheiden müsse.“

Lustig hält dem entgegen, erforderlich sei eine gezielte Wertpapierauswahl nach fundamentalen Kriterien – dadurch gewinne man Spielraum, um dynamisch auf den globalen Lauf der Ereignisse zu reagieren. Aktive Fonds, die in den Schwellenländern anlegen, halten auch die Berücksichtigung von ESG-Faktoren (Umwelt, Soziales, Unternehmensführung) bei der Titelselektion für wichtig. Diese werden als hilfreich angesehen, da sie den Blick auf wesentliche Governance-Defizite bei den Unternehmen, wie Korruption und eine nicht korrekte Behandlung von Minderheitsaktionären, lenken können.

Problematisch kann ESG insofern sein, als einige Länder auf Grund ihrer Möglichkeiten nicht in der Lage sind, ökologische Faktoren so stark in den Vordergrund zu stellen, wie wir es in den Industrieländern tun.

- Yoram Lustig

Einige ESG-Faktoren können bei der Auswahl von Wertpapieren aus Schwellenländern jedoch Probleme aufwerfen – besonders wenn eine westliche Brille aufgesetzt wird. „Bei uns ist ESG nicht nur in den Investmentprozess integriert, sondern wir haben sogar noch eine Ausschlussliste zur Meidung von Branchen wie Tabak, in einigen Fällen auch von umstritte­nen Waffen“, erläutert Lustig. „ESG kann jedoch insofern problematisch sein, als einige Länder auf Grund ihrer Möglichkeiten nicht in der Lage sind, ökologische Faktoren so stark in den Vordergrund zu stellen, wie wir es in den Industrieländern tun. Was das soziale Elemente von ESG betrifft: In einigen Schwellenländern ist die soziale Ungleichheit zweifellos größer. Wir glauben in der Regel, ESG-Kriterien ließen sich unter undemokrati­schen Verhältnissen nicht richtig umsetzen, doch das muss keineswegs immer so sein.“

Herausforderungen wie diese sind überall auf der Welt ein ständiger Begleiter, wenn in neuen Wachstumssektoren investiert wird. Dennoch ist Lustig zuversichtlich, dass die Schwellenländer in den kommenden Jahren eine wichtige Rolle als neue Quelle von Erträgen für Anleger spielen werden. „Vermögensverwalter aus dem Westen investieren hohe Summen an diesen Märkten“, gibt er zu bedenken. „Aufgrund ihrer derzeitigen Lage haben die Emerging Markets wesentlich mehr Spielraum für Innovationen. Als Anleger gilt für uns, dass wir am Aktienmarkt nicht in Länder investieren, sondern in Wertpapiere, in Unternehmen. In jedem Land können die innovativsten Unternehmen aufgespürt und ausgewählt werden. Risiken sind nicht von der Hand zu weisen, zweifellos haben wir es mit Risikoanlagen zu tun. Doch eben weil das so ist, bieten sich auch Chancen“.

 

WICHTIGSTE RISIKEN

Transaktionen mit Wertpapieren, die in Fremdwährungen denominiert sind, unterliegen Wechselkursschwankungen, die den Wert einer Anlage beeinflussen können. Die Erträge können volatiler sein als die an anderen, etablierteren Märkten, bedingt durch Veränderungen des Marktumfelds oder der politischen und wirtschaftlichen Bedingungen. Bei Schuldtiteln könnte sich die finanzielle Situation (des Emittenten) durch eine Rating-Herabstufung oder einen Zahlungsausfall verschlechtern, was den Wert einer Anlage beeinflussen könnte.

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