Juni 2025, Ahead of the Curve
In meinen letzten Gesprächen mit Kunden stand mein Ausblick auf längerfristig höhere US- Staatsanleihenrenditen oft im Mittelpunkt. Außerdem waren unsere Kunden sehr an meiner Meinung in Bezug auf den US-Dollar interessiert, da die beiden Märkte eng miteinander verzahnt sind.
Im Gegensatz zu meiner Einschätzung für US- Treasuries – die so klar ist wie seit Jahren nicht mehr, weil fast alle Faktoren in dieselbe Richtung zeigen – ist mein Ausblick für den US-Dollar differenzierter.
Wie bei US-Staatsanleihen ist auch beim US-Dollar der Zeithorizont wichtig. Auf kurze Sicht, kurz vor Sommerbeginn, dürfte sich der US-Dollar von seinem massiven Abverkauf im April wieder erholen. Allerdings entwickeln sich Währungstrends in der Regel über viel längere Zeiträume. Daher sollten Anleger in den nächsten Jahren eine potenzielle Dollarschwäche im Auge behalten, die Chancen eröffnen könnte, um durch eine gezielte Währungspositionierung Alpha zu erzielen.
Anders als bonitätsstarke Staatsanleihen ist der US-Dollar keine Anlageklasse, sondern eine Währung. Diese wird von verschiedenen zentralen Faktoren beeinflusst, die die globalen Finanz-, Rohstoff- und Handelsmärkte miteinander verbinden und die wechselseitig interagieren, was eine komplexe Dynamik in Gang setzt, die sich von den typischen Treibern einer Anlageklasse unterscheidet.
Einige dieser Faktoren, die sich aktuell realisieren, sind für die längerfristige Richtung der US-Währung ausschlaggebend. Obwohl der US-Dollar im Mai kräftig zugelegt hat, bin auch ich der Meinung, dass der Exzeptionalismus der USA seinen Höhepunkt überschritten haben dürfte.
Ich würde sogar behaupten, dass der „Anfang vom Ende“ damit kam, dass die westlichen Länder als Reaktion auf den russischen Einmarsch in der Ukraine Finanzsanktionen gegen Russland verhängten und den Zugang des Landes zum internationalen Zahlungssystem auf Dollarbasis einschränkten. Denn wenn in Bezug auf die Reservewährung Einschränkungen und Unsicherheiten entstehen, dann wird sich die Welt nach Alternativen umsehen.
1. US-Konjunktur dürfte zurückfallen Die wegweisende expansive Fiskalpolitik in Deutschland dürfte die Wirtschaft der Eurozone ankurbeln. Gleichzeitig verstärkt China allmählich seine geld- und fiskalpolitischen Impulse, um die negativen Auswirkungen der US-Zölle abzufedern. Die US-Wirtschaft dürfte hinter diesen Märkten zurückbleiben, was die Nachfrage nach US-Dollar verringern wird. Der Produktivitätsboom in den USA – ermöglicht durch den massiven Anstieg der Produktion von Schieferöl- und -gas sowie durch die führende Rolle des Landes im Bereich künstliche Intelligenz – hat sich (vorerst!) abgeflacht.
2. Qualität der US-Institutionen sinkt Die Qualität der Institutionen eines Landes oder einer Region, gemessen an Faktoren wie der Stärke der Rechtsstaatlichkeit, dem Grad der Zentralbank-Unabhängigkeit und der Integrität des entscheidenden Innovationsmotors der Bildungseinrichtungen eines Landes, ist ein weiterer Treiber der Nachfrage nach einer Währung. Die Währung eines Landes mit klar definierten und vollzogenen Gesetzen sowie einer Zentralbank, die unabhängig von politischen Forderungen agiert, zieht tendenziell Kapital an. Wer möchte schon die Währung eines Landes halten, dessen Zentralbank unter Druck Zinssenkungen vornimmt, die die Inflation anheizen und somit die Währung schwächen?
Ich glaube zwar nicht, dass dies in den USA geschehen wird. Dennoch werden die Anleger genau beobachten, wie unabhängig die Federal Reserve agiert und ob es Anzeichen für eine politische Beeinflussung gibt.
3. Schwindende Attraktivität für globales intellektuelles Kapital Die Fähigkeit eines Landes, unternehmerische Vordenker anzuziehen, ist ein weiterer langfristiger Faktor für die Nachfrage seiner Währung. US-Unternehmen, die an der Spitze des technologischen Wandels stehen – wie die „Magnificent Seven“, die den US-Aktienmarkt über Jahre hinweg nach oben getrieben haben – haben ausländische Investitionen und die Nachfrage nach US-Dollar zuletzt gestützt. Die Politik der Trump-Regierung könnte die Attraktivität der USA als Zielland für Einwanderer, die globale Vordenker sind, verringern.
Eine Reihe von Faktoren stützt den US-Dollar jedoch weiterhin. So können etwa Zinsunterschiede die Wechselkurse beeinflussen. Bei ansonsten gleichen Bedingungen wird üblicherweise weniger Kapital in ein Land fließen, in dem niedrigere Zinsen gezahlt werden, als in ein Land, das eine höhere Verzinsung bietet, was wiederum seine Währung stärkt.
1. US-Anleihen bieten RenditevorteileBetrachtet man die nominalen Renditen von US-Anleihen im Vergleich zu anderen globalen Staatsanleihen hoher Qualität, sind die USA klar im Vorteil. So brachten 10-jährige US-Staatsanleihen Anfang Juni mit 4,44% weitaus mehr Rendite als 10-jährige deutsche Bundesanleihen, die nur 2,53% erzielten.1 Dasselbe gilt, wenn man die Rendite um die Inflation bereinigt, die die verfügbare Rendite senkt: Anfang Juni lag die Rendite 10-jähriger inflationsgeschützter US-Staatsanleihen (TIPS) mit 2,09% immer noch deutlich höher als die reale (inflationsbereinigte) Rendite entsprechender deutscher Bundesanleihen. Da in den USA ein höherer Inflationsdruck herrscht als in Europa, ist es weniger wahrscheinlich, dass die Fed die Zinsen senkt, was die Zinsdifferenz weiter unterstützt.
2. Anhaltendes Vorziehen von US-Importen aus China Ich gehe davon aus, dass sich die Vorverlagerung der US-Nachfrage nach chinesischen Importen weiter beschleunigen wird, nachdem die beiden Länder Anfang Mai eine 90-tägige Pause für höhere Zölle angekündigt haben. Dies hätte einen anhaltenden – und vermutlich vorübergehend steigenden –Kapitalfluss von US-Dollar nach China zur Folge, der sodann über US-Anlagen wieder zurückfließen müsste.
Wie wird sich die Dynamik der negativen und positiven Faktoren auswirken? Ich gehe davon aus, dass sich die positiven Faktoren in den nächsten Monaten auflösen werden. Im zweiten Halbjahr 2025 dürften die längerfristigen negativen Faktoren, die den US-Dollar belasten, die Oberhand gewinnen und einen strukturell negativen Trend für den Greenback einleiten, der über Jahre anhalten könnte.
Wie die Abwertung des US-Dollar im Zuge des Ausverkaufs an den Risikomärkten im April deutlich gemacht hat, betrachten die Anleger den US-Dollar im Falle breit angelegter Marktturbulenzen nicht mehr als sicheren Hafen. Die ist ein Symptom für die längerfristigen negativen Faktoren für den Greenback. Die jüngst zu beobachtende positive Korrelation zwischen dem US-Dollar und risikobehafteten Vermögenswerten ist ein wichtiger Faktor für die Portfoliokonstruktion und -diversifizierung.
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Am Horizont
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Aug. 2025
Aus der Praxis
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1 Alpha ist die Überschussrendite einer Anlage im Vergleich zu ihrer Benchmark / Referenzindex.
2 Datenquelle: Bloomberg Finance L.P.
3 Die Korrelation misst, in welchem Verhältnis eine Anlageklasse, ein Anlagestil oder eine einzelne Gruppe zu einer anderen stehen kann. Bei einer perfekt positiven Korrelation beträgt der Korrelationskoeffizient genau 1. Das bedeutet, dass sich bei einer Kursbewegungen eines Wertpapiers nach oben oder unten das andere Wertpapier im gleichen Ausmaß in die gleiche Richtung bewegt. Eine perfekte negative Korrelation bedeutet, dass sich zwei Vermögenswerte in entgegengesetzte Richtungen bewegen, während eine Korrelation von null impliziert, dass überhaupt keine Beziehung zueinander besteht.
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Arif Husain, Head of Fixed Income und CIO, erörtert die differenzierten Aussichten für den US-Dollar und beleuchtet die langfristigen Herausforderungen und Chancen für die Währungspositionierung.
Erfahren Sie, welche zentralen Faktoren die Entwicklung des US-Dollar und die Anlagechancen an den Währungsmärkten maßgeblich beeinflussen.