März 2021 / BLOG
Entspannung im Handelsstreit USA-Europa, größerer Deal möglich
Biden dürfte den Schulterschluss mit Europa suchen, um Druck auf China auszuüben
Die USA und die Europäische Union (EU) haben angekündigt, sämtliche Zölle im Zusammenhang mit dem seit Langem schwelenden Streit wegen unlauterer staatlicher Hilfen für die führenden Flugzeugbauer Airbus und Boeing für vier Monate auszusetzen. Dies ist ein Zeichen, dass US-Präsident Joe Biden die Handelsbeziehungen wieder in Ordnung bringen möchte. Dieses Moratorium wurde im Anschluss an eine ähnliche Vereinbarung zwischen den USA und Großbritannien verkündet.
Der Zeitpunkt dieses frühen Durchbruchs könnte die Aussichten verbessern, dass die Regierung Biden eine längerfristige Einigung mit der EU zur Lösung drängender handelspolitischer Probleme erreichen möchte. Dabei geht es unter anderem um die Besteuerung von internationalen Umsätzen der extrem hoch kapitalisierten US-Internetunternehmen sowie um die von der Vorgängerregierung unter Präsident Donald Trump verhängten Zölle auf Stahl und Aluminium.
Die diplomatischen und die Handelsbeziehungen zu traditionellen US-Verbündeten wiederherzustellen, wird aber wahrscheinlich sehr viel länger dauern als eine einzige Präsidentschaft.
Beilegung des transatlantischen Handelskonflikts
Die Entspannung im Zollstreit, der Handelsflüsse im Wert von rund 12 Mrd. USD betrifft, signalisiert, dass sowohl die USA als auch die EU über eine Lösung des Konflikts im Zusammenhang mit unlauteren staatlichen Hilfen für die beiden Flugzeugbauer Airbus und Boeing verhandeln. Neben Zollerleichterungen für die betroffenen Industrien würde eine Einigung für die Luftfahrtunternehmen mehr Klarheit über angemessene Finanzierungsmechanismen für die Entwicklung von Flugzeugen schaffen – ein immer drängenderes Problem, wenn man bedenkt, dass China seine Kapazitäten in diesem Bereich rasant ausbaut.
Im Laufe des Jahres 2021 werden sich den USA und Europa weitere Möglichkeiten bieten, die verhärteten handelspolitischen Fronten aufzulösen. Dies betrifft unter anderem die von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) angeregte grenzüberschreitende Digitalsteuer sowie die Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) für Industriesubventionen. Unser Basisszenario geht davon aus, dass die von der OECD vorgeschlagene Lösung eine Abgabe von 2% bis 3% auf digitale Umsätze in dem Land vorsehen wird, in dem diese Umsätze erwirtschaftet wurden. Für die extrem hoch kapitalisierten US-Technologiefirmen dürfte dies gut zu bewältigen sein, da die höheren Kosten wahrscheinlich auf lokale Werbekunden und Händler abgewälzt werden.
Die von der Regierung Trump eingeführten pauschalen Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte in die USA dürften für die traditionellen Verbündeten der USA, zum Beispiel die EU, Japan und Südkorea, im 2. Halbjahr 2021 deutlich gesenkt oder ganz abgeschafft werden.
Die Chancen stehen zwar nicht schlecht, dass die USA und Europa diese handelspolitischen Streitigkeiten bis zum Jahresende beilegen werden, doch es bleibt noch viel zu tun. Die Anleger sollten sich der potenziellen Abwärtsrisiken für die US-Internetgiganten bewusst sein, die mit einem Flickenteppich an grenzüberschreitenden Digitalsteuern konfrontiert werden könnten, falls der Vorstoß der OECD scheitert. Die verarbeitende Industrie würde ebenfalls zu leiden haben, falls die Zölle bestehen bleiben oder aufgrund eines Handelskonflikts steigen.
Weiter harter Kurs gegenüber China, geringe Zollerleichterungen aber möglich
Wir würden davon ausgehen, dass die USA ihre restriktive Politik gegenüber China weiterverfolgen werden. Die Wahrscheinlichkeit ist gewachsen, dass die Regierung Biden den Schulterschluss mit Europa sucht, um Druck auf China auszuüben. Das Ziel dabei ist, gegen wettbewerbsschädliche Praktiken und Probleme in Bezug auf die geistigen Eigentumsrechte vorzugehen und so die Stellung der USA in verschiedenen Industrien zu stärken.
Wir würden zwar nicht erwarten, dass die Regierung Biden bei Verhandlungen auf die umfassenden Abgaben auf chinesische Erzeugnisse als Druckmittel verzichten will, jedoch könnte das Büro des US-Handelsbeauftragten im 2. Halbjahr die Gespräche mit Peking wiederaufnehmen. Zollerleichterungen könnten daher möglich sein. Etwaige Zollaufhebungen würden wahrscheinlich in erster Linie Konsumgüter betreffen, insbesondere jene, für die die geringere Abgabe von 7,5% gilt. Sollten die Spannungen allerdings aufgrund von Chinas Vorgehen in Taiwan oder des Umgangs mit der uighurischen Bevölkerung in der Region Xinjiang erneut aufflammen, könnte die Aufhebung von Zöllen unwahrscheinlicher werden.
Anleger sollten weiterhin genau im Auge behalten, wie sich der Ansatz der Regierung Biden in Sachen Handelspolitik entwickelt. Denn dies könnte bedeutende Auswirkungen für Industrieunternehmen, Lebensmittel- und Spirituosenhersteller sowie den IT-Sektor haben.
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